Siegfried Ratzlaff Manus Loquens

Laufzeit

02.07.2020
bis 27.08.2020

Angeregt von den Zeilen des Lyrikers Louis Fürnberg verfiel Siegfried Ratzlaff der intensiven künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Motiv der Hand, welches zweifelsohne als eines der anspruchs-vollsten der bildenden Kunst gelten mag und so manchen Künstler bewog, jenen Teil des Körpers mit allen erdenklichen kompositorischen Kniffen, seien es Drehungen, Draperien oder Überlagerungen, zu kaschieren.

Ratzlaff stellte sich der selbstauferlegten Herausforderung und meisterte diese in unzähligen Werken, sowohl im graphischen Medium wie auch in Öl, mit Bravour. Nicht nur im Hinblick auf anatomische Korrektheit und handwerkliche Umsetzung mag dieses Urteil gelten, vielmehr beruht es auf der unmittelbaren Vergegen-wärtigung der emotionsgeladenen Ausdruckskraft, die er diesem hochkomplexen menschlichen Werkzeug beigibt.

Ratzlaff widmete sich der Darstellung des instinktiven Ausdrucks des Inneren, den nonverbalen und oftmals unbewussten Kommu-nikationsstrategien des Körpers, die sich in kleinsten Regungen bis hin zu auffälligen Bewegungsmustern bahnbrechen, sei es in den sanft-liebkosenden Berührungen der in Decelith gestochenen Liebespaare, in den exaltierten Gesten eines Dirigenten oder in dem vor Energie strotzenden, sich gen Himmel reckenden Händewald. Die Hand nobilitierte sich - neben der Darstellung des Baumes als vegetatives Gegenstück und Sinnbild der Urkraft des Lebens - im Laufe der nahezu sieben Jahrzehnte währenden Schaffenszeit Ratzlaffs zu seinem Leitmotiv. Sie wurde gar zum Träger des im Werk implementierten Narratives und somit letztlich zur sprechenden Hand, der „manus loquens“.

Siegfried Ratzlaff (*1934 in Vangerow/Pommern) studierte an der Leipziger Karl-Marx-Universität von 1953 bis 1957 Kunsterziehung und erhielt im Rahmen des Studiums eine künstlerische Ausbildung zum Plastiker bei Prof. Hans Schulze und Prof. Elisabeth Voigt. Nach zweijähriger Tätigkeit als Kunsterzieher in Eisleben, kehrte Ratzlaff 1959 als Assistent an die Leipziger Universität zurück und studierte zusätzlich ab 1961 an der Dresdner Hochschule für Bildende Künste unter Lea Grundig Graphik. Seit 1970 lehrte Siegfried Ratzlaff Bildende Kunst im Fachbereich Kunsterziehung der Leipziger Universität und wurde 1978 zum Professor mit künstlerischer Lehrtätigkeit für Malerei und Graphik berufen.

Nebenher schuf Ratzlaff ein umfangreiches druckgraphisches Oeuvre, hauptsächlich in der von ihm entwickelten Technik des Decelithstichs. Das dem Holzstich ähnliche Hochdruckverfahren auf extrem hartem Polyvinylchlorid bedurfte äußerster Kraft-anstrengung und zugleich höchster Präzision in der Umsetzung sowie im Druck. Mit seinem Vorruhestand im Jahr 1993 einhergehend, endete zugleich auch Ratzlaffs Wirken im Decelith. Nun widmete er sich fast ausschließlich der Malerei und gelegentlich kleinformatigen Radierungen wie den humoristischen Neujahrsgraphiken. Bis zur Beendigung seines künstlerischen Schaffens im Jahre 2016 schuf Ratzlaff etwa 1000 Gemälde, die in symbiotischer Verschmelzung mit dem eigens erbauten Atelierhaus einem Gesamtkunstwerk gleichen.

Neben einer reichen Auswahl druckgraphischer Arbeiten präsentieren wir Ihnen im Rahmen der Ausstellung 35 Gemälde verschiedener Schaffensphasen des Künstlers. Einprägsame, teils karikierende Porträts, deren bestechende Unmittelbarkeit Psychogrammen gleicht, stehen in einer Reihe mit ähnlich ausdrucksstarken Aktdarstellungen, die gemeinsam mit landschaftlichen Impressionen um die Gunst der Betrachter buhlen und zum Verweilen einladen.

Zur Vernissage spricht der Kunsthistoriker Rainer Behrends.

Wir laden Sie für den 02.07.2020, um 19 Uhr, herzlichst ein und freuen uns auf Ihren Besuch!

Ihre Galerie Koenitz